Nov 302018
 

Erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht, Mittlerweile sind wir ein halbes Jahr unterwegs und haben Nepal erreicht, das „Ziel“ und den Wendepunkt unserer Reise. Ab hier geht es wieder zurück.
Aber der Reihe nach:

Da wir eher als geplant in Kirgistan waren und hier auf unsere China Durchquerung warten wollten, hatten wir reichlich Zeit und haben einige Ehrenrunden gedreht und das Land ausgiebig erkundet.  Völlig unverständlich, warum viele Reisende dieses geniale Motorradland nur als Transit einplanen. Wir haben hier nach gerade mal 19tkm Reifen getauscht, nicht weil sie schon fällig gewesen wären, sondern weil wir hier neue Mitas bekommen haben.  Das Essen hat hier wieder geschmeckt und die Camping-Spots zum Wild Zelten waren einfach nur traumhaft.

China war dann nicht ganz so schlimm wie erwartet. Unsere Agentur hatte alles gut vorbereitet und wir hatten einen sehr guten Guide. Trotzdem war es anstrengend. Die unzähligen Kontrollen und Checks waren nervtötend und zeitraubend und wir waren froh, als wir dieses große Gefängnis hinter uns lassen konnten.

Mit der Grenze zu Pakistan hat sich nicht nur schlagartig das Wetter geändert sondern auch die Leute. Wir wurden  mit Begeisterung willkommen geheißen und müssen bei jedem Stop für Selfies herhalten,  welch ein Kontrast zu China. Was hatten wir vor der Reise nicht für Bedenken, diese Land zu durchqueren. Mannomann, da hätten wir aber nicht nur landschaftlich wirklich was verpasst. Fanden wir gerade noch die Berge Kirgistans genial, fehlen uns jetzt schier die Adjektive. Nur wild Zelten ist nicht mehr ganz so leicht. Zu viele steile, enge Täler und schroffe Berge.
Eine neue Herausforderung ist nun die Unterkunftssuche. Bei Zeltplätzen haben wir Übung. Bei Hotels ist noch Luft nach oben und wir sind selten wirklich zufrieden.
Seit Pakistan ist es auch ungeheuer staubig und unsere Reißverschlüsse an den Tankrucksäcken quittieren bereits nach weniger als einem halben Jahr ihren Dienst. Die Reißverschlüsse an unserem Zelt funktionieren erstaunlicherweise noch sehr gut und werden jetzt erstmal eh geschont.

Nach wie vor sitzt uns die Zeit im Nacken. Hatten wir erst „China“ als Termin, wollen wir jetzt vor dem Winter nach Ladakh. Daher können wir leider nicht lange im wunderschönen Norden Pakistans bleiben.  Grenze zu Indien gibt es leider nur eine einzige weiter im Süden. Das bedeutet zwar nen Haufen Fahrerei, aber wir machen ja eh nix anderes. Sind ja schließlich auf einer Motorradreise.
Dem Winter zuvor kommen wir leider nicht, das liegt aber weniger an unserer Zeitplanung als vielmehr am frühesten Schneefall seit 20 Jahren. Alle Pässe sind erstmal unpassierbar und Schlammlawinen machen viele Täler unerreichbar. Zahlreiche Touristen werden sogar mit Helikoptern evakuiert. Wir haben Glück und sind zum Zeitpunk des Unwetters in Amritsar. Da nicht klar ist, wann die Pässe wieder befahrbar sind und ob sie für die kurze Restsaison vor dem Winter überhaupt noch mal geöffnet werden, machen wir langsam. Auf Ladakh verzichten wollen wir trotzdem nicht. Der „erzwungene“ Abstecher nach Zanskar wird so zum bisherigen Highlight unserer Reise. Anders hätten wir darauf vermutlich verzichtet.
Erstaunlich, dass es immer wieder neue Höhepunkte gibt sobald man denkt, dass es doch eigentlich gar nicht noch besser kommen kann.

Tja und Indien: Davor hatte ich vor der Reise fast noch mehr Bammel als vor China und Pakistan.  Der Verkehr und auch die Menschenmassen sind lang nicht so schlimm wie befürchtet und wir können es gut aushalten. Das leckere Essen trägt natürlich auch dazu bei.  Meistens finde ich den Verkehr sogar recht witzig. Endlich darf man als Motorradfahrer mal so fahren wie man möchte. Nur ohne Hupe wäre man aufgeschmissen. Andrerseits ist genau das ständige Gehupe mit das nervigste an Indien. Gefahren wird hier sogar weniger aggressiv als in Deutschland. Auch wenn man als Europäer den Verkehr vielleicht als rücksichtslos empfinden mag. Man muss sich nur überwinden und ausweichen. Machen alle anderen auch so. Aufregen muss ich mich natürlich trotzdem öfter mal, aber pro Tag weniger oft, als auf den 20km zur Arbeit nach Stuttgart.

Sehr gewöhnungsbedürftig ist auch diese ewige Rotzer-, Würger- und Spuckerei. Seit China ist man permanent gefährdet von irgendwem (versehentlich) angespuckt zu werden. Meist geht dem als Warnung ein ausführliches „Räuspern“ voraus, in Indien kommt gerne auch mal mit Schwung ein ganzer Schwall Bethel-Sabbel aus dem Seitenfenster eines Busses, den man gerade überholen will.

Was mich erstaunt ist, wie gut mir Suse inzwischen sowohl durch das dichteste Verkehrsgetümmel, als auch über die schwierigsten Pisten hinterherkommt. Die meisten kniffligen Stellen schafft sie ganz allein und beim Blick in den Rückspiegel klebt sie oft noch hinter mir. Das hat allerdings auch zur Folge, dass es kaum noch Fahrfotos von ihr gibt. „Gestellte Fotos“ machen wir eben kaum. Wenden hat sie nämlich immer noch nicht so richtig drauf.

Die Motorräder halten erstaunlich gut durch, wenn man bedenkt, dass sie bereits 20 Jahre auf dem Buckel haben. Lediglich die Ritzel vorne sind unerwartet früh verschlissen. Vermutlich das Resultat mangelnder Pflege, aber genau dafür hatten wir eigentlich die Scottoiler angeschafft und sogar hin und wieder die Ketten gereinigt, aber offensichtlich zu lange nicht unter die Ritzelabdeckung geschaut.
Mein „neuer“ Hinterreifen ist bereits wieder ganzschön abgefahren – mal schaun ob er noch bis in die Türkei hält – vorher ist nur mühsam Ersatz zu bekommen.
Ebenfalls etwas Sorge bereitet mir mein Federbein, das ich zwar vor Beginn der Reise noch kurzfristig zum „reparieren“ gegeben hab, das aber nach wie vor inkontinent ist. Aber solang noch was ausläuft, is ja noch was drin.
Trotzdem ärgerlich.

Mittlerweile sind wir knapp 27Tkm gefahren. 10Tkm davon in den letzten 3 Monaten. Eigentlich genau unser  Schnitt von ca 1000km pro Woche. Trotzdem verspüren wir bereits eine gewisse Reisemüdigkeit und wir brauchen immer öfter ein paar Tage Pause. Manchmal weiß ich beim Aufwachen gar nicht in welchem Land wir gerade sind. Wir erleben so viel, dass wir abends meistens keine Lust mehr haben Tagebuch zu schreiben. Ziemlich ungünstig, da mein Hirn die  Eindrücke und Erlebnisse kaum noch aufnehmen kann und ich mich nur schwer an die letzten Tage zurückerinnern kann. Das hat beim letzten mal erst viel später angefangen. Wird Zeit für Urlaub!

Ausgegeben haben wir im 2. Quartal gemeinsam ca 3500€
Dazu kommt noch der China Transit mit ca 1600US$ und die Visa, die wir schon daheim geholt haben.

Alles in Allem sind wir sehr zufrieden, alles klappt, keine Pannen, nach wie vor im Zeitplan und egal in welchem Land wir gerade sind, die meiste Zeit gefällt es uns ausnehmend gut.

 

 

  2 Antworten zu “Ein halbes Jahr on Tour”

  1. Glückwunsch zur Halbzeit und alles Gute weiterhin!

  2. Schön zu hören, dass Ihr so ein positives Halbzeitfazit ziehen könnt ! Ich wünsche Euch für die 2. Hälfte, dass es so weiter geht.

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