Mongolei noch ganz zahm

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Jul 122018
 

Das erste Mal auf unserer Reise sind wir vor 8 Uhr auf der Straße, die Mücken haben uns den Verzicht auf Kaffee und Frühstück aber auch leicht gemacht. Wir haben nur knapp 20 km bis zur Grenze, das schaffen wir auch ohne Aufputschmittel. Nachdem wir uns kurz vor dem Grenzposten dann tatsächlich noch stärken konnten, stürzen wir uns in die Grenzabwicklung. Für die Ausreise müssen wir uns erstmal am russischen Zoll die erforderlichen Stempel holen. Leider sind vor uns wohl 2 Kleinbusse voll mit Leuten angekommen, die alle noch abgefertigt werden müssen, bevor wir nach etwa einer Stunde drankommen. Dann läuft alles recht problemlos, wir müssen nur unseren Platz in der Schlange gegen ein paar drängelnde Mongolen verteidigen, die vollkommen „unauffällig“ versuchen, ihren Papierkram näher als unseren an die Dame am Schalter zu schieben. Die Zollbeamten draußen vertrauen mehr oder weniger auf unsere Aussagen, dass wir keine illegalen Medikamente dabei haben und lassen uns bald mit der erhofften Unterschrift ziehen. Tschüss Russland, Mongolei wir kommen.

Auch auf der anderen Seite des Zauns geht alles recht geordnet seinen Gang und nach insgesamt nur 3 Stunden sind wir ganz offiziell in der Mongolei. Nachdem wir schon die eine oder andere Horrorgeschichte mit stundenlangen Verhören auf russischer Seite gehört hatten, sind wir doch recht zufrieden mit dem Ablauf.

Kurz nach der Grenze halten wir am Straßenrand und gleich merken wir einen Unterschied zu Russland: Zwei Mongolen halten neben uns und fragen ob sie ein Foto von den Moppeds machen können. Klar, sagen wir und schwupp sitzen sie auf Axels Mopped und schmeißen es dabei fast um. Berührungsängste kennt man hier nicht. Alles wird angefasst, inspiziert und diskutiert, ob man die Sprache versteht oder nicht.

Aber Hunger haben wir jetzt doch, leider wird es ab jetzt für mich mit der Essenssuche nicht leichter. Vegetarier stoßen in der Mongolei nicht gerade auf großes Verständnis. Im ersten Kaffee, das wir sehen, fragen wir nach Essen, die Dame versteht auch etwas russisch, nur meinen Wunsch nach fleischloser Kost nicht. Es ist als würde ich fragen: „Ich hätte gerne Essen, aber bitte ohne Essen“. Naja, etwas Brot und Frischkäse hab ich noch übrig, die Jungs bestellen Khuschuur, eine frittierte Teigtasche mit Fleischfüllung.

Ulan Bator erreichen wir nach einer recht ermüdenden Fahrt knapp vor Sonnenuntergang. Noch ist die Straße geteert, aber ordentlich mit Schlaglöchern, großen Wellen und Schaf- und Ziegenherden gespickt, so dass man nie in seiner Konzentration nachlassen kann. Und ehrlich gesagt fahren die Mongolen so, als wären sie allein auf der Straße. Später in der Steppe mag das ja so sein, aber hier hab ich doch manchmal Sorge, ob sie die Verkehrssituation immer richtig einschätzen…

In UB lassen wir uns – so wie fast alle anderen motorisierten Reisenden -im Oasis Guesthouse nieder. Und wie kann es anders sein: schon am Tor begrüßen uns Ralf und Birgit, die hier auf Ersatz-Simmerringe für Ralfs BMW warten. Kaum sind unsere Moppeds auf dem Parkplatz abgestellt, da bringt Ralf 4 eisgekühlte Biere zu uns rüber. Da kennt uns einer aber inzwischen gut 🙂

Im Oasis erwischt uns voll das „Villa Kunterbunt – Syndrom“. Auch in Valparaiso, Chile wollten wir eigentlich nur einen Tag bleiben, konnten uns aber Tag für Tag wieder nicht aufraffen, weiter zu fahren. Es sind einfach zu viele interessante Leute hier, wir haben Infrastruktur, Duschen und Toiletten. Und noch etwas: in UB gibt es gleich mehrere Vegane Restaurants, hier kann ich mir nochmal den Magen vollschlagen!

Damit wir nicht nur den ganzen Tag am Hostel rumhängen, machen wir uns auf den Weg zum sog. Black Market. Das ist ein riesiger Markt, auf dem man alles findet, von Autoreifen über Kleidung, Campingausrüstung, Möbeln, Schnupftabakfläschchen bis hin zum „Fertighaus“ (Alles für die Jurte). Ich hab nämlich gehört, dass man hier – nachdem es ja ALLES gibt – auch Drehtabak kaufen kann. Auch meine Pseudo-Chucks brauchen würdige Nachfolger, die Sohlen fallen auseinander. Schuhe sind schnell gefunden und die Verkäuferin bringt uns netterweise auch gleich zum Tabakladen. Und Junge, Tabak gibts. Im 350 Gramm Pack. Das langt sogar mir ne Weile. Als Blättchen will mir der Verkäufer ne ca. DIN A2 Seite Butterbrotpapier mitgeben, da verzichte ich doch und überlass das Drehen damit den Nomaden, die das sicher besser beherrschen als ich.

 

Der Blick auf die Wettervorhersage verschiebt unseren Aufbruch weiter. Schlussendlich geben wir uns nach 4 vollen Tagen selbst einen Tritt in den Hintern und fahren schnell los, bevor der innere Schweinehund wieder aufwacht.

Ulan Bator ist ein riesiger stinkender Moloch voller Autos und LKWs, die offensichtlich nichts lieber tun, als im Stau zu stehen. So ätzend hab ich das bisher noch nicht erlebt. Zum Glück erwischen wir auf dem Weg raus aus der Stadt eine bessere, weil staufreiere Strecke als auf dem Weg rein, so dass wir nach wenig mehr als einer Stunde endlich die letzten Häuser hinter uns lassen. Jetzt kann das Abenteuer Mongolei endlich losgehen.

Nun ja, abenteuerlich ist es erstmal weniger. Die Straße ist breit und asphaltiert, die Landschaft so wie ich sie mir vorgestellt habe: Sanfte Hügel mit graugrünem Gras, ab und zu kleinere Dörfer und immer wieder Jurten nicht weit von der Straße. Da wir uns die „richtige“ Gobi im Süden sparen (ich pienz im Sand einfach zu viel rum) machen wir Stopp in der „kleinen“ Gobi, einem kleinen Dünenstreifen, der zwischen zwei Hügelrücken recht malerisch in der Landschaft liegt. Fürs erste reicht mir dieser 2km Sandausflug zum Reinschnuppern, wohl fühl ich mich mit dem Motorrad auf diesem Untergrund einfach nicht. Wie soll das nur werden, wenn  wir den Teer endgültig hinter uns gelassen haben und mehrere 100 km offroad unterwegs sein werden? Aber diese Sorgen verschieb ich erstmal auf dann, wenn es akut wird, ändern kann ich eh nichts daran.

 

 

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