Venezuela

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Sep 102012
 

Froh doch noch aus den Fängen des kolumbianischen Zolls entkommen zu sein fahren wir schnell die paar hundert Meter zur Grenze nach Venezuela. Der Immigration Schalter ist hier nur ein kleines Fenster in der Wand und wir freuen uns, daß nur 4 Leute vor uns anstehen. Aber zu früh gefreut. Kaum sind wir an der Reihe geht die Klappe zu: Mittagspause! und das obwohl nur noch 3 Leute anstehen. Gemeinheit! Ich frage einen Grenzer wo denn der Zoll ist, in der Hoffnung in der Zwischenzeit schonmal die Mopped Einreise erledigen zu können. Der Grenzer meint wir sollen ihm einfach folgen und düst auf seinem Mofa vor uns her, an sämtlichen Grenzkontrollen vorbei in die Stadt. Hier findet sich zwar kein Zoll, aber immerhin eine klimatisierte Immigration, die keine Mittagspause einlegt und auch hier ist fast nichts los und als endlich die korrekten Formulare für Touristen gefunden sind bekommen wir unsere  Stempel in den Pass. Jetzt müssen wir allerdings wieder zurück zur Grenze und um auf die richtige Fahrbahnseite zu kommen auch erstmal wieder ausser Landes.
Der Zoll hat natürlich auch noch Mittagspause, aber auch hier ist nur ein einziger Reisender vor uns in der Schlange.  Dieser ist auch mit dem Motorrad unterwegs und versucht schon seit 5 Stunden alle erforderlichen Formulare, Genehmigungen, Kopien, Versicherungen Gebührenmarken, Ausreisebestätigungen und sonst noch jeden erdenklichen Scheiss ranzuschaffen, und das meiste davon nicht grad günstig!
Schnell fällt die Entscheidung dass wir einreisen, ohne die Motorräder offiziell registrieren und versichern zu lassen. Wir wollen nur für max. 2 Wochen ins Land und die Versicherungen haben in Südamerika zum Teil für irre hohe Gebühren eh nur lächerlich geringe Deckungssummen. In Kolumbien zahlt unsere Versicherung max 6000$ und das auch nur bei Personen, nicht bei Sachschäden.
In Brasilien hat es ja auch schon ohne Motorrad Registrierung geklappt, damals allerdings eher versehentlich.
Also fahren wir einfach nocheinmal auf der „Mofaspur“ rechts am Grenzstau und an den Beamten vorbei und kommen unbehelligt ins Land. Das wär schonmal gut gegangen.
Unsere nächste Aufgabe, auf die wir uns schon seit Tagen freuen, ist das Tanken. Die Spritpreise liegen in Venezuela unter einem Cent pro Liter!

Tanken in Venezuela Benzinpreis Venezuela

Wieder ist unsere Freude nur von kurzer Dauer. Wir werden bei jeder Tankstelle abgewiesen und weitergeschickt und unsere Tanks sind natürlich fast leer. In der ganzen Grenzprovinz bekommt man nur als registrierter Einwohner eine Ration zugeteilt. Endlich finden wir doch eine Tankstelle an der uns der Tankwart an der langen Schlange vorbei vorwinkt und uns schnell schnell die Tanks füllt. Er macht sich nichtmal die Mühe beim Wechsel von meinem auf Suses Tank die Zapfpistole abzustellen sondern verteilt mal eben ein zwei Liter Benzin auf uns und zwischen unseren Motorrädern. Zahlen müssen wir für die Tankfüllung übrigens nicht. Ich höre von irgendwoher ein „Regalo“ (Geschenk) und schon müssen wir schaun dass wir für die nachdrängenden Autos Platz machen.

Halbwegs versöhnt gehts jetzt auf üblen Schlaglochstraßen erstmal weiter und glücklich kommen wir ohne Kontrolle durch die nächste Polizeisperre. Alle paar Kilometer sind hier, ähnlich italienischer Mautstationen, Polizeisperren quer über die Straße, aber immer wieder werden wir durchgewunken. So kurz vor den Wahlen ist die Stimmung im Land erstaunlich ruhig, nur die zahlreichen Wahl-Plakate mit dem ewig gleichen Grinsen gehen uns bald auf die Nerven.

Morales Venezuela Wahl Wahlwerbung Chavez Venezuela

Das Wetter lässt uns mal wieder im Stich und so machen wir uns bereits ungewöhnlich früh in einer kleinen Wallfahrtsstadt auf die Suche nach einer Unterkunft. Die Hotels haben allerdings alle keine Parkmöglichkeit für unsere Motorräder, und der Schuppen den wir dann finden ist zwar weder gut noch günstig aber zumindest entkommen wir hier erstmal dem einsetzenden Regen. Die Freude währt allerdings nicht allzu lange. Das Dach ist undicht und langsam bildet sich eine Pfütze in der Zimmermitte.
Als wir um kurz nach sechs dann ein Internet Cafe und ein Restaurant suchen sind wir überrascht, daß bereits fast alle Läden geschlossen haben und wir durchsuchen, halb verhungert und reichlich unzufrieden die Straßen der Stadt bis wir endlich doch noch einen Arepa Stand finden der uns den Abend rettet.

Auch am nächsten Tag können wir bei Regen die laut Reiseführer schöne Landschaft kaum sehen und nicht wirklich geniessen, da es in der Höhe natürlich auch wieder empfindlich kalt wird. Internet Cafes finden wir zwar ein paar, aber Internet gibts deswegen noch lange nicht. So treffen wir Heidi&Bernd wohl höchstens wieder zufällig.
Endlich in Merida sind wir vom Verkehrschaos und den verstopften Straßen entsetzt. Mit den Kisten an den Motorrädern gibt es kein Durchkommen und Suse weigert sich, mir über die Gehwege, mit ihren hohen Bordsteinkanten zu folgen. Mehrmals nehmen mir Autos die Vorfahrt und auch das rücksichtslose Fahrverhalten sind wir so aus den bisherigen Ländern und Städten Südamerikas nicht gewöhnt.  Die ganze Stadt scheint ausgebucht zu sein und bis wir irgendwann ein Hostal finden sind wir fix und fertig, haben aber Glück, denn direkt nebenan gibt es kaltes Bier und das schmeckt garnicht mal so übel.
Heidi und Bernd, die wir immernoch verfolgen sind allerdings schon nichtmehr hier in der Stadt und so machen wir uns am nächsten Tag auf nach Coro.

Gleich nach 100 m lässt sich Suse von einem Auto umfahren. Der Blöde Wixxer muss doch im Stau wirklich ned auf Null Zentimeter auf seinen Vordermann auffahren. Ich höre es hinter mir nur dumpf scheppern als die DR umfällt und dabei haben wir nochmal Glück. Das Motorrad verfehlt nur um 20cm einen geparkten Neuwagen. Das hätte ohne Papiere und Versicherung sicher Ärger gegeben. Nachdem ich mich versichert habe dass Suse nichts passiert is stürme ich in Helm und dicker Motorradjacke erstmal zum Unfallverursacher der seelenruhig in seiner Schrottkarre sitzt und fordere ihn nachdrücklich auf auszusteigen und uns gefälligst beim Aufheben des Motorrades zu helfen.
Nach diesem kleinen Zwischenfall sind wir heilfroh als wir endlich aus der Stadt raus sind und auch der Verkehr auf der kleinen Straße durchs Gebirge wieder abnimmt. Das Wetter lässt immernoch zu wünschen übrig, aber immerhin regnet es gerade mal nicht und auch die Straße ist trocken. Allerdings kommen wir nicht so recht vorwärts. Wir wollen in zwei Tagen bis ans Meer und uns da auch noch zu Werner&Claudi und Heidi&Bernd hinzugesellen und davon trennen uns noch knapp 700km. Je höher wir kommen desto nebliger wird es und vor uns liegen bedrohlich dunkle Wolken. Planänderung und die längere Strecke durch die Ebene. Endgültig lassen wir jetzt die letzten Anden Kordilleren hinter uns und bei einem frisch gepressten Jugo de Cana (Zuckerrohrsaft) schälen wir uns aus den Regenklamotten und schaun zu wo wir die ganzen warmen Pullis unterbringen. Hier in der Ebene ist es brütend heiß. Die Straße entpuppt sich als Autobahn und so machen wir bis zum Einbruch der Nacht richtig Etappe und finden nach einigem Suchen beim letzten Dämmerlicht noch  ein Motel, ein „Stundenhotel“ das man hier allerdings auch recht günstig für die ganze Nacht belegen kann.

Motel / Stundenhotel Motelgarage

Früh morgens brechen wir auf, zum einen um der Hitze des Tages zu entgehen und zum anderen um rechtzeitig zum 4 Uhr Bier bei den anderen zu sein.

Die Landschaft ändert sich schlagartig. Die saftige grüne Ebene lassen wir hinter uns. plötzlich sind wir in einer Halbwüste, dann einer Dornbusch Savanne und hinter dem nächsten Hügel dann im Kaktus-Land bevor es langsam wieder grüner wird und mediterrane Wälder folgen. In dieser Provinz scheint es keine offizielle Müllkippe zu geben. Links und rechts der Straße liegt LKW – Ladungsweise Müll in der ansonsten recht schönen Landschaft. So etwas haben wir bisher in diesem Ausmaß noch nirgends gesehen.

Motorrad Venezuela Schlagloch Venezuela
Heiss ist es nach wie vor, aber nach den letzten kalten Tagen im Gebirge ist das ja immerhin mal was anderes. Gemäßigtes Klima scheint hier schwer zu finden zu sein. Entweder zu heiss, oder zu kalt. richtig angenehm ist auf Dauer weder das Eine noch das Andere. Da es zum Pause machen eh viel zu heiß ist und schattige Parkplätze Mangelware sind fahren wir nach einem kurzen Müsli Riegel / Kippen / Foto Stopp schnell wieder weiter. Der Fahrtwind ist das einzige was uns noch retten kann und so kommen wir bereits am frühen Nachmittag im Hostel an wo der Rest der Truppe uns bereits ein Zimmer mit Klimaanlage reserviert hat.

Hostal in Coro Auto Venezuela

Nach zwei gemütlichen Tagen im schattigen Hof unserer Herberge machen wir uns alle miteinander auf, zurück nach Kolumbien. Die Straße führt schnurgerade nach Westen und Verkehr ist auch kaum. In der Grenzregion verpassen wir mal wieder rechtzeitig zu tanken und müssen eine Tankstelle erst überreden dass wir auch ohne Chipkarte Sprit bekommen und weils so schön warm und sonnig ist gibt Werner uns allen eine Tankfüllung aus und auch ein paar 5l Wasserkanister lassen wir noch befüllen. Summa summarum 98l für 1,20€.

Eigentlich wollen wir noch vor der Grenze übernachten und dann am nächsten Tag in aller Ruhe die Formalitäten erledigen, aber in Ermangelung geeigneter Unterkünfte fahren wir durch und sind in null komma nix ausser Landes. Zollkontrolle gabs keine und so gabs auch kein Problem mit den Motorrädern.

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