Okt 052018
 

Nach einer erstaunlich kühlen Nacht versorgen wir uns in Skardu erstmal mit Benzin und stocken unsere Vorräte auf. Bei inzwischen wieder sommerlichen Temperaturen in dem Verkehrgewirr nicht ganz ohne. Einer bleibt immer bei den Moppeds am Straßenrand während der andere einen Geldautomaten nach dem anderen durchprobiert, bis wir auch wieder flüssig sind. Langweilig wird es dabei nicht, da immer wieder Passanten fragen, wo wir herkommen, hinwollen und wie es uns gefällt. Da es auch schon wieder Mittag ist – wir können aufstehen wann wir wollen, früh kommen wir nie los – gönnen wir uns am Ortsende einen Imbiss, bevor wir das Industal weiter nach Osten fahren. Gäbe es nicht den Kashmir-Konflikt, wäre Indien in dieser Richtung gar nicht mehr weit und wir könnten uns einiges an Umweg über Lahore sparen. Aber erstmal wollen wir eh ins Hushe-Tal, von dem wir auf Google fantastische Bilder gesehen haben. Zuerst fährt es sich auch ganz angenehm. Wenig Verkehr, die Straße ist geteert und die Landschaft ist ganz nett. Schnell vorwärts kommen wir trotzdem nicht. Dafür ist es zu kurvig und zu schmal. Schlaglöcher gibt es auch hin und wieder, meist ziemlich überraschend hinter Kurven und die Kontrollposten halten uns auch immer wieder auf. Die Schranken sind jetzt immer geschlossen und so können wir das Gewinke nicht wie bislang ignorieren und einfach durchfahren. Jedesmal müssen wir unsere Pässe und unser Gilgistan Besucherkärtchen vorzeigen und dann werden werden mühsam alle Daten in ein dickes Journal eingetragen. Hin und wieder dürfen wir das selbst machen, was viel Zeit spart.


Irgendwann ist es aber dann wieder so weit. Der Teer hört auf. Erst geht es über eine schwankende Hängebrücke, dann durch ein rumpeliges Flussbett und dann durch enge holprige Gässchen und wir befürchten schon, dass wir nicht mehr weit kommen werden, wenn die Strecke noch schlechter werden sollte. Doch kaum sind wir aus dem Ort raus – also ich etwas eher als Suse 😉 – ist da wie aus dem Nichts eine kleine, feine, frisch geteerte Straße. Weiter als in den zweiten Gang können wir trotzdem nicht schalten, sie ist doch recht eng und kurvig. Bald wird sie auch immer wieder von Baustellen unterbrochen, wir kommen kaum vorwärts und passieren einige der kniffligsten Stellen der letzten Wochen, wenn nicht gar der ganzen Reise. Tiefer Grobschotter, Auswaschungen in Steilstücken und dann als besonderes Schmankerl hinter einer Kurve ein Steilstück. Das allein würd noch gehn, wenn da in meiner tief eingeschnittenen Fahrspur nicht auch noch ein Kind seelenruhig mitten im Weg sitzen würde, während ich hupend rückwärts rutsche, da das Mopped da einfach weder stehenbleiben noch anfahren kann. Zum Glück hat Suse die rechte Fahrspur gewählt und schießt knapp an mir vorbei.

  

Eine Stunde vor Sonnenuntergang sind wir noch 10km von Hushe entfernt. Da wir das wohl nicht mehr schaffen und Suse streikt, suchen wir uns neben einer Hängebrücke ein Notbiwak. Gerade haben wir das Zelt aufgeschlagen und einige Einladungen in „gar nicht weit entfernte Häuser“ auf „ganz einfachem Weg“ abgelehnt, taucht auch noch ein Polizist auf, der uns dort partout nicht übernachten lassen will. Also alles wieder zusammengepackt und die letzten zwei lustigen steilen Schotter Kehren bei letztem Tageslicht zurück ins nahe Dorf. „Hier wäre es sicherer und ihm, da er für uns verantwortlich ist, viel wohler“. Natürlich haben wir hier noch mehr Schaulustige und fühlen uns nicht wirklich sicherer, aber na gut. Als sich dank der schnell hereinbrechenden Nacht alle nach Hause verzogen haben und wir schon meinen, endlich unsere Ruhe zu haben, kommt noch mal ein Grüppchen und lässt sich nicht abwimmeln. Wir müssen doch hungrig sein, die paar Pakoras und Samosas wären doch kein Abendessen und wir sollen doch unbedingt mitkommen. Wir handeln die Einladung auf einen Tee runter und lassen uns breitschlagen, wir wollen ja nicht unhöflich sein.

Am nächsten Morgen dann wieder die üblichen Zuschauer beim Zelt abbauen, sogar von den Dächern beobachten uns einige Frauen, die hier gerade „zufällig“ ihre morgendlichen Arbeiten hin verlagert haben. Auch wenn uns das etwas nervt, ist die Aufmerksamkeit doch verständlich, so richtig viel los ist hier nicht und für länger hat hier bestimmt noch keiner angehalten. Immerhin gibt es ein überraschend sauberes „öffentliches“ Klohäuschen, so dass wir wenigstens da ungestört sind. Als wir gerade aufbrechen wollen, fordert auf einmal einer der Herumsitzenden Geld für die Übernachtung. Da uns aber am Abend zuvor versichert wurde, dass wir hier gratis bleiben können und uns auch einer der Englisch sprechenden Passanten beipflichtet, lassen wir den Alten schimpfen und machen uns vom Acker.

 

Die restliche Strecke fordert uns nochmal richtig. Tatsächlich scheint die Zeit hier in den Dörfern stehen geblieben zu sein. Die Getreideernte ist gerade in vollem Gang, noch per Hand und mit Sicheln. Die niedrigen Häuser aus groben Steinen könnten so auch schon vor tausenden von Jahren hier gestanden haben. Nur die vereinzelten Mofas sind neu. Handyempfang gibt es nur auf einer Wiese hinter der Moschee, und auch da kein Internet, wie wir erfahren und Strom eh nur hin und wieder. Schaut alles romantisch aus, wie die Getreideballen auf dem Rücken durch die Gegend getragen werden, möchte ich aber nicht für 5 Minuten machen müssen.


Am Ende der Straße dann ….. nichts …..außer einer Steilabfahrt in ein Hotel. Oben wenden ist zu schmal, also runter und wenigstens einen Tee und ein paar Kekse zum verspäteten Frühstück. Bleiben wollen wir hier nicht. Von den spektakulären Bildern, die wir auf google gesehen hatten, ist auch nichts zu sehen, vermutlich müssten wir da erst noch stundenlang zu Fuß weiter. Wir wollen aber lieber schnell zurück, da sich bereits dunkle Wolken zusammenziehen und die Wetterprognose für den Nachmittag bestätigen. Und bei Nässe wollen und können wir den Weg auf keinen Fall zurückfahren.

Wie es so oft ist, hat sich Suse ganz umsonst gefürchtet und die Rückfahrt aus dem Tal schaffen wir beinahe in der halben Zeit. Dagegen zieht es sich dann auf der Straße ganz gewaltig, auch weil wir uns noch mit zwei pakistanischen Twin Fahrern aus Lahore  verquatschen, die uns noch mit ein paar Streckentipps versorgen. Einen der Tipps probieren wir gleich noch aus und fahren statt ins hektische, laute und heiße Skardu erst einmal ins Shigar Valley.
Da die Wetteraussichten für die nächsten Tage alles andere als motorradfreundlich sind und wir weder durch Regen noch durch Schnee fahren wollen, bleiben wir dort auch erst einmal für zwei Tage, bevor wir dann doch noch nach Skardu umziehen. Dort ist die Essensauswahl einfach größer und außerdem treffen wir uns dort mal wieder mit Birgit und Ralph.

  Eine Antwort zu “Pakistan – Hushe Valley”

  1. ich liebe eure Reiseberichte ! Besten Dank für die tollen Bilder !

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